Rundbrief August 2024
Grüezi miteinander!
Dieses Jahr feiert Estación Esperanza (EsEs) das zehnjährige Jubiläum. Was doch alles geschehen ist und sich entwickelt hat in dieser Zeit! Sehr aufschlussreich empfinden wir unser erstes Dokument, in dem wir Strategie, Ziele und Vision formulierten: EsEs ist im Quartier Kouri Hanna plus Umgebung als verantwortungsvolle Organisation bekannt, die professionelle Unterstützung dort leistet, wo nicht genügend ökonomische und/oder soziale Ressourcen vorhanden sind. Anfangs 2023 hatten wir noch keine Ahnung, wie das geschehen könnte. Heute staunen wir, wie sich das plötzlich geändert hat. Vor allem im Bezirk Mi Peru (Standort unseres Bauprojektes Kindergarten/ Schule) kennt man EsEs mittlerweile sehr gut, und wir dürfen sagen, dass die Vision umgesetzt worden ist. Das ist natürlich sehr ermutigend für die nächste Phase des Projektes. Mit den folgenden drei Beispielen möchten wir dies veranschaulichen.
UNO Friedenskomission besucht EsEs
Der Bürgermeister von Mi Peru, Irvin Chávez, gelangte vor einigen Wochen mit folgendem Anliegen an uns: «Eine internationale UNO-Friedenskommission wird Mi Peru besuchen. Wir möchten gerne mit diesen Besuchern auf dem Grundstück von EsEs das Mittagessen einnehmen. Dieses wird durch die politische Gemeinde organisiert. EsEs macht eine so wertvolle und vorbildliche Arbeit im Bezirk, dass für diese Leute ein Besuch bereichernd wäre.» Gerne willigten wir ein. Wie im vorletzten Rundbrief erwähnt, besteht ja seit einigen Monaten eine schriftliche Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen der politischen Gemeinde und EsEs.
Der UNO-Besuch förderte die Sichtbarkeit von EsEs, und wir konnten wertvolle Kontakte knüpfen. Carlos sass beim Essen zwischen der afrikanischen ‘Queen Mother’ Delois Blakely (UNO) und unserem Bürgermeister. Anscheinend schmeckte der Queen Mother das Essen sehr. Als ihr Teller leer war, fragte sie Carlos, ob sie nachschöpfen könne. Kurzerhand bot Carlos ihr von seinem eigenen Essen an, und sie griff beherzt zu. Der Bürgermeister traute seinen Augen nicht. Die peruanische Schamkultur (im Gegensatz zu Afrika) würde so et-was nie erlauben. Wenn man gefragt wird, ob man noch mehr essen möchte, gehört es zum guten Ton, zuerst abzulehnen. Erst wenn man ein zweites Mal gefragt wird, darf man ‘Ja’ sagen. Zum Glück ist Carlos mittlerweile in verschiedenen Kulturen bewandert.
Gesundheit fördern + Wissen erweitern
Anakarina, unsere Bereichsverantwortliche für die Kinderprogramme, organisierte an allen drei EsEs Standorten ein Programm zusammen mit den staatlichen Gesundheitszentren. Mithilfe eines Bluttests wurden Kinder und Jugendlichen auf Anämie (Blutarmut) hin untersucht. Diese ist hier stark verbreitet. Zudem wurde ein kurzer Vortrag zum Thema Prävention und Behandlung von Anämie gehalten. Besonders betont wurde, wie wichtig eine gesunde Ernährung sei. Zu guter Letzt erhielten die Eltern Vitamin- und Eisenpräparate für ihre Kinder.
Die Aktion war sehr wertvoll, obgleich wir wieder einmal den Unterschied zwischen unserem Organisationsverständnis und jenem der peruanischen Ämter erlebten. Kurz: Unsere Geduld wurde massiv getestet. Eine Mutter wollte, dass das Blut ihres vierjährigen Sohnes auch untersucht wurde. Damit er davon nichts mitbekam, durfte er sich seinen Waffenspielen auf dem Handy widmen. Als ich sie begrüsste, erklärte mir die Mutter: «Ich muss ihn gamen lassen, sonst langweilt er sich und schlägt alle.» Ob meine darauffolgende spontane Aufklärungsarbeit bei dieser Frau zu einer neuen Einsicht führte, ist zu bezweifeln. Hinsichtlich psychischer und physischer Gesundheit sowie Aufklärung kann EsEs bestimmt noch einige Steine ins Rollen bringen.
Arbeit mit Gewalttätern
In diesem Bereich sind wir weiterhin sehr aktiv. Ein Gesetz aus dem Jahr 2015 sollte eigentlich den Frauen erweiterten Schutz geben und der Staat müsste Täterarbeit anbieten. Das passt sehr gut mit unserem Anliegen zusammen. Wie schon früher berichtet, wurden wir diesbezüglich schon zweimal durch Spezialistinnen und Spezialisten aus Deutschland und der Schweiz ausgebildet. Wir benützen dazu nicht unsere eigenen Räumlichkeiten, damit der sichere Raum für Frauen und Kinder bewahrt wird. Deshalb suchten wir nach einem strategischen Partner. In Frage kam das staatliche Gesundheitszentrum in Mi Peru.
Nach verschiedenen Anläufen und auch etlichen Rückschlägen wurde dies möglich. Zuerst bildeten wir das Team aus und schliesslich konnten wir im Juli zwei Kurse mit Tätergruppen starten. Es geht in erster Linie darum, das ‚gelernte’ gewalttätige Verhalten anhand von Gesprächen, Inputs und Übungen wieder zu ‚verlernen‘: Umgang mit Gewalt, Kommunikation, Vaterbild, Liebesbeziehung und Gender bzw. Männlichkeit (in Peru mit dem Machismus sehr wichtig). Die zuerst sehr nervösen Kursteilnehmer schienen positiv überrascht zu sein. Beim Kursstart bestand eine Übung darin, dass sie ihre Ängste im Zusammenhang mit dem Kurs hätten aufschreiben müssen. Da sich herausstellte, dass nicht alle schreiben können, freute uns die Bereitschaft der Männer, ihre Gedanken mündlich zu formulieren. Einige waren in den vergangenen Wochen sogar bereit, persönliche Erlebnisse zu teilen. Ein Teilnehmer ist besonders motiviert, sein Verhalten zu ändern, und hofft, dass dadurch eine Begegnung mit seinem Kind, mit dem er seit vier Jahren keinen Kontakt mehr haben darf, möglich wird.
Aufenthalt in der Schweiz
Seit dem 12. Juli befinde ich mich, zusammen mit unseren beiden Buben, Mael (bald 3) und Yosias (bald 1) in der Schweiz. Einen ganzen Monat lang war auch unsere älteste aufgenommene Tochter, Nancy, dabei. Sie war hell-auf begeistert von der Schweiz, doch unterdessen musste sie wegen ihres Studiums (Psychologie) wieder nach Peru fliegen. Am 28. August kommt dann aber Carlos hierher. Wiederum geniessen wir die grünen Wiesen und all die Einrichtungen für Familien – und die Sicherheit auch im Freien hier in vollen Zügen. Daneben versuche ich, Kontakte zu pflegen und bei den verschiedensten Gelegenheiten auf EsEs aufmerksam zu machen. Besonders erstaunt mich jeweils, wenn unbekannte Leute mich ansprechen: “Sie waren doch im Fernsehen. Sie sind doch die Frau, die in Peru lebt, oder?” Allerdings schaffe ich es oft nicht, meine Pläne in die Tat umzusetzen. Meine beiden Buben sind halt manchmal dominanter als meine Agenda. Carlos und ich staunen, wie schnell doch die Zeit vergeht. Bereits in zwei Jahren kommt Mael in den Kindergarten. Bitte lesen sie zu dieser Thematik das Begleitschreiben des Vereinsvorstands.
Kurz und bündig
Fundraising in Peru ist schwierig. Viele reiche Leute bewegen sich ausschliesslich in ihren Kreisen, ohne sich für die Bedürftigen einzusetzen. Umso mehr freut uns die Grosszügigkeit der Schweizer Schule Pestalozzi in Lima. Sie werden in vielen Schul-zimmern ihr Mobiliar erneuern und uns Schränke, Tische, Stühle usw. für die geplante EsEs Primarschule schenken. Im Juli durften wir die ersten Möbel abholen.
Die Verantwortlichen des Schweizerclubs in Lima fragten EsEs auch dieses Jahr wieder an, ob sie anlässlich des Fests am 1. August eine Theatervorstellung geben würden. Wir entschieden uns für die Heidi-Geschichte. Dieses Jahr waren jedoch kaum Mitarbeitende von EsEs auf der Bühne, sondern Jugendliche vom Projekt. Ausserdem durften wir am Fest Handarbeiten der EsEs Mütter verkaufen.
Wichtige Hinweise
Info-Zvieri 2024
Wann
Sonntag, 15. September 2024
14:00 Uhr
GV Verein “Estacion Esperanza Schweiz” (offen auch für Nicht-Mitglieder)
14:30 Uhr
Informations- und Begegnungsnachmittag mit Segensfenster und Zvieri.
Wo
Forum Kirchbühl (neben reformierter Kirche)
Kirchbühlstrasse 40, 8712 Stäfa
Gebetsanliegen
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