Rundbrief Februar 2024
Grüezi miteinander! Vielen Dank fürs Zeitnehmen, unseren Rundbrief zu lesen. Eure Anteilnahme an unseren oft herausfordernden und auch immer wieder erfreulichen Situationen erleben wir als grosse Motivation. Gerne erzählen wir ein wenig aus unserem Alltag. Die Namen der Betroffenen sind dabei abgeändert.
Wenn nicht EsEs, wer dann?
Señora Lia weiss nicht mehr weiter. Einer ihrer drei erwachsenen Söhne, Manuel, ist so stark drogenabhängig, dass er völlig verwahrlost ist, unter Brücken schläft und regelmässig sie und einen Bruder bestiehlt. Die anderen zwei Söhne haben eigene Schwierigkeiten und keine Ressourcen, um zu helfen. Carlos ist zusammen mit diesen drei Männern aufgewachsen. Señora Lia möchte, dass ihr Sohn in eine Entzugsklinik geht. Doch davon gibt es nicht viele und zudem ist keine bezahlbar für sie. Darauf vermittelte Carlos den Kontakt zu einer christlichen Entzugsklinik, einer Non-profit Klinik, die Manuel als neuen Klienten akzeptierte. Er muss diese Tage entscheiden, ob er diese einmalige Chance ergreifen will.
Ana rief mich vor drei Wochen spätabends an. Ihr Partner, Bryan, hatte wieder Alkohol getrunken und zerstörte verschiedene Gegenstände im Haus. Sie hatte Angst, dass er auch ihr etwas antun könnte. Drei von unserem Team konnten die Situation an Ort und Stelle beruhigen. Der Grund für Bryans Verhalten: Nachdem Bryan sie vor einigen Monaten gewürgt hatte, entschied sie sich, die Beziehung mit ihm zu beenden. Geld jedoch, um für sich und den fünfjährigen Sohn eine andere Unterkunft zu mieten, besitzt Ana nicht. Eigentlich hatte sich Bryan in einem Gespräch mit Carlos vor einiger Zeit sehr kooperativ gezeigt. Doch die Angst, seine Frau bzw. Familie zu verlieren, verstärkte seinen Alkoholkonsum und führte zu neuen Gewalttätigkeiten. Eine erste Anzeige von Ana hatte die Polizei nicht ernst genommen. Nachdem Ana mit einer Wunde an der Stirn erneut Anzeige erstattete, ging sie letzte Woche darauf ein. Seither kommt Bryan nicht mehr nach Hause. Wie könnten unsere nächsten Unterstützungsschritte aussehen? Ana schützen? Mit Bryan Täterarbeit durchzuführen im Sinn unserer Kurse im letzten Jahr?
Johan und Yvonne stammen aus schwierigen und Johan sogar aus delinquenten Verhältnissen. Ihre zwei gemeinsamen Kinder bekamen sie sehr jung. Nach einigen Beziehungspausen baten sie EsEs um Hilfe. Wir starteten mit Paarberatung und Erziehungscoaching. Das Paar schaffte es, Impulse anzunehmen und umzusetzen. Dabei wurde den beiden in den letzten Monaten auch ein aktiver christlicher Glaube sehr wichtig. Vor zwei Wochen liessen sie sich taufen. In einer Woche feiern sie ihre Hochzeit. Wir dürfen dabei helfen: Hochzeitfotos, Festessen, Musikanlage usw.. Wir freuen uns darüber, dass sie ihren Weg gemeinsam weitergehen wollen.
Die Aufgaben von EsEs sind vielseitig und oft herausfordernd. In der Schweiz leitet man solche ‘Fälle’ an zuständige Fachstellen weiter. An wen können wir uns hier in den Slums wenden? Oft an niemanden und wir versuchen, mit unseren beschränkten Ressourcen und Ausbildungen die bestmöglichen Lösungen zu finden. Dass wir darin manchmal erfolgreich sein dürfen, erfahren wir als grosses Geschenk.
Zirkuswoche
Von Weihnachten bis Mitte März sind in Peru Sommerferien. Viele Kinder verbringen ihre Tage entweder auf der Strasse oder vor dem Fernseher bzw. mit dem Handy, und zwar oft ohne elterliche Aufsicht. EsEs bietet in dieser Zeit verschiedene Aktivitäten an. Ein rege besuchtes Programm ist die Kinderwoche. Wir führten diese anfangs Februar in beiden Projekthäusern (Pachacutec und Kouri Hanna) parallel durch. Dabei wurden wir von einigen jungen LeiterInnen aus Huancayo (Andengebiet) unterstützt. Eine gewaltige Hilfe! Sie beteiligten sich auch, um für ihre eigene Situation Erfahrungen zu sammeln. Sie möchten dieselbe Kinderwoche in ihrer Kirchgemeinde daheim durchführen.
Täglich nahmen bei uns mehr als 100 Kinder und einige Eltern am Programm teil. Abgesehen von Theater, biblischen Geschichten, Kleingruppenzeiten, singen, basteln und spielen, wurden mit Begeisterung Zirkusnummern eingeübt. Den Höhepunkt der Woche bildete dann die Zirkusvorstellung. Da die teilnehmenden Eltern sich weder für Akrobatik, noch Clown Nummern oder Jonglieren gewinnen liessen, bereitete ich mit ihnen ein kleines Theater mit dem Thema «Zirkus» vor. Sie waren nervös und aufgeregt. Meistens ist ihr Leben von einem monotonen Alltag geprägt. Vor anderen Leuten etwas sagen oder sogar vorspielen, war eine grosse Herausforderung und erforderte viel Mut. Schlussendlichen waren nicht nur sie, sondern auch ihre Kinder und Enkelkinder stolz, dass sie es geschafft hatten.
Auch die Kleingruppenzeiten erlebten sie als wertvoll. Die wenigsten der Teilnehmenden haben ein Umfeld, in dem sie offen über Gefühle sprechen und in einer vertrauensvollen Situation Neues lernen können.
Team stärken
Im Dezember führten wir ausserhalb von Lima ein Teamwochenende durch. Es tat allen gut zu reflektieren, weshalb wir das machen, was wir machen. Wir erinnerten uns gemeinsam daran, wie EsEs vor neun Jahren begonnen hatte, und alle erzählten, wie sie zum Kernteam gestossen sind. Das war berührend und motivierend zugleich. Ein externer Pfarrer bereicherte den Morgen jeweils mit einer Predigt. Die Momente am Lagerfeuer, beim Volleyballspielen oder im Schwimmbad stärkten die Gemeinschaft. Nachdem einige Teammitglieder Ende Dezember bzw. anfangs Januar ihre Ferien bezogen hatten, starteten wir Ende Januar mit einem Teamtag zur Programmgestaltung. Die Jahresziele der Arbeitsbereiche Sport, Jugend, Kinder, Bildung, Eltern usw. wurden erarbeitet, und dementsprechend formulierte jedes Teammitglied seine persönlichen Jahres- bzw. Halbjahresziele. Wir sind sehr dankbar für unser kreatives, aktives und vertrauenswürdiges Team, welches die Arbeit mit Leidenschaft macht.
Unihockey – mehr als “nur” ein Sport
Rodolfo und Samuel, zwei ausgezeichnete Teammitglieder, reisten mit 22 Kindern und Jugendlichen sowie 15 Eltern, die ihre Kinder begleiteten, nach Chimbote (Nordperu) an die nationalen Unihockeyspiele. In Peru gibt es noch nicht viele Gruppen, die diesen Sport ausüben. Unsere ‘Juniors’ belegten den zweiten Platz. Welch grosse Stärkung des Teamgeistes und des Selbstvertrauens dieser jungen Menschen! Besonders freut uns auch, dass sich mittlerweile viele Eltern fürs Unihockey interessieren und ihre Kinder sogar begleiten. Für etliche Eltern war es das erste Mal, dass sie gemeinsam mit ihrem Nachwuchs etwas unternahmen.
Kurz und wichtig
1. Wir danken Evely und Yaimer für ihren Einsatz bei EsEs. Sie entschieden sich, Ende Jahr, beruflich neu zu orientieren und nahmen südlich von Lima eine neue Aufgabe an.
2. Den Kindergarten auf dem Grundstück in Mi Peru können wir erst anfangs 2025 eröffnen. Trotz grosser Fortschritte beim Bauen schaffen wir es bis Schulbeginn diesen März nicht. Momentan werden die Türen und Fenster eingebaut. Sobald die Räume bezugsbereit sind, werden wir hier bereits Nachhilfe, Englisch, Erziehungscoaching sowie andere Kurse für Eltern anbieten.
3. Die SRF-Folgen sind vorbei. Die Sendung ist auf unserer Homepage ersichtlich.
Hier geht es zu den Sendungen.
Gebetsanliegen
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